Cholesterinsenker
Die Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9 ist eine
Serinprotease, die am Fettstoffwechsel beteiligt ist. Die neue
Wirkstoffklasse der PCSK9-Hemmer kann dabei helfen, zu hohe Blutfettwerte – die
Risikofaktor für Herzinfarkt und Schlaganfall sind – zu reduzieren.
Bereits nach wenigen Wochen der Einnahme senken PCSK9-Hemmer
den Cholesterinwert wesentlich stärker als die bisher gängigen Statine. Die
beiden Vertreter der neuen Wirkstoffklasse – Evolocumab und Alirocumab – wurden
im letzten Jahr zugelasse
Konsequente Senkung von Cholesterin
Ärzte raten zu einer konsequenten Senkung des Serumspiegels
von dem Blutfett LDL-Cholesterin unter einen Wert von 160 mg/dl – bei Menschen
mit Diabetes unter 100 mg/dl und bei Patienten, die bereits einen Herzinfarkt
hinter sich haben, sogar unter 70 mg/dl. Diese Werte sind bei manchen Patienten
mit den bisher verfügbaren Wirkstoffen nur schwer zu erreichen.
Proprotein Convertase Subtilisin/Kexin Typ 9 – PCSK9
PCSK9 – abgekürzt für Proprotein Convertase Subtilisin/Kexin
Typ 9 – ist ein am Fettstoffwechsel beteiligtes Enzym, dessen Rolle im Jahr
2003 bei der Regulation des LDL-Cholesterinspiegels entdeckt wurde. Damals
wurden Mutationen im PCSK9-Gen als Ursache schwerer erblicher
Fettstoffwechselstörungen identifiziert.
Patienten mit Fettstoffwechselstörungen verfügen über eine
überaktive Variante des Gens. Da die PCSK9 den Abbau des LDL-Rezeptors
unterstützt, mit dessen Hilfe LDL-Cholesterin aus dem Blut in die Zelle
aufgenommen wird, resultieren extrem hohe LDL-Cholesterinwerte im Blut. Es gilt
die Regel: Viel PCSK9 – wenig Rezeptor – hoher Cholesterinspiegel.
Es gibt allerdings auch gegenteilige PCSK9-Mutationen, bei
denen das Gen inaktiv ist oder nur zu einem funktionslosen Protein führt.
Träger dieser Mutationen weisen sehr niedrige LDL-Cholesterinwerte auf, haben
ein geringes Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse, aber offenbar keinerlei
gesundheitliche Nachteile. Diesen Effekt habe man sich zu Nutzen gemacht, um
ein Medikament zu entwickeln, das Cholesterinwerte senkt.
Mit PCSK9-Hemmer behandeln
Bislang ist eine Therapie mit einem PCSK9-Hemmer nur dann
angezeigt, wenn der Patient Statine nicht verträgt oder sich der
Cholesterinspiegel trotz Cholesterin armer Ernährung und Statin-Einnahme nicht
ausreichend senken lässt. Es ist bemerkenswert, dass der LDL-Wert noch einmal
um 50 bis 60 Prozent stärker gesenkt werden kann als bei Statin-Einnahme.Der
PCSK9-Antikörper wird in Fertigspritzen ausgeliefert. Der Patient muss sich die
voreingestellte Dosis alle zwei beziehungsweise alle vier Wochen selbst unter
die Haut spritzen. Als häufigste Nebenwirkung tritt daher eine Rötung an der Injektionsstelle
auf. Möglich ist auch eine verstärkte Neigung zu Atemwegsinfekten. Über
mögliche weitere, sehr seltene Nebenwirkungen kann allerdings erst die
langfristige Beobachtung in der Praxis Aufschluss geben.
Über positive „Top Line“-Ergebnisse der ersten
Phase-III-Studie zur Wirksamkeit und Sicherheit des innovativen
Cholesterinsenkers Inclisiran informiert aktuell der Hersteller. Im
Detail wird die Studie in Kürze beim europäischen Kardiologenkongress
vorgestellt.
In der ersten Phase-III-Studie mit dem Wirkstoff
Inclisiran hat dieser neuartige Lipidsenker bezüglich aller primären und
sekundären Wirksamkeitsendpunkte die Erwartungen voll erfüllt, teilt das
Unternehmen The Medicines Company in einer aktuellen Presseinformation mit. Die
kompletten Ergebnisse der ORION-11-Studie werden am 2. September 2019 in einer
„Late-breaking Science“-Sitzung beim diesjährigen Kongress der European Society
of Cardiology (ESC) in Paris vorgestellt.
Das Enzym PCSK9 (Proprotein Convertase Subtilisin / Kexin
type 9) ist bekanntlich eine wichtige Stellschraube für die Regulierung der
LDL-Rezeptoren. PCSK9 bindet an den Komplex aus LDL-Cholesterin und
LDL-Rezeptor und bewirkt den Abbau der Rezeptoren in der Leber. Ein
Rezeptor-Recycling ist deshalb nicht möglich. Fehlt dagegen PCSK9, werden die
LDL-Rezeptoren vermehrt recycelt und erneut an die Oberfläche der Hepatozyten
befördert. Dadurch kann LDL-Cholesterin vermehrt gebunden werden.
Rezeptor-Recycling wird verstärkt
PCSK9-Inhibitoren binden PCSK9 im Plasma und fördern
so das LDL-Rezeptor-Recycling. Incliseran unterbindet im Unterschied dazu
die Synthese von PCSK9, das also gar nicht erst gebildet wird. Der
Mechanismus der small interfering RNA (siRNA) ALN-PCSsc, die für ihre
Leberspezifität an N-Acetylgalactosamin gekoppelt ist, basiert auf
RNA-Interferenz (RNAi): Durch ALN-PCSsc (Inclisiran) wird die mRNA für PCSK9 an
der Translation zur Proteinsynthese gehindert, die PCSK9-Synthese wird also
quasi abgeschaltet. Der Effekt hält sehr lange an, nach einmaliger subkutaner
Injektion bis zu sechs Monate.
ORION-11 ist eine randomisierte placebokontrollierte
Phase-III-Studie, an der 1.617 Patienten mit atherosklerotischen
Gefäßerkrankungen oder erhöhtem kardiovaskulären Risiko beteiligt, die trotz
Behandlung mit Statinen (mit oder ohne Ezetimib) erhöhte
LDL-Cholesterinwerte aufwiesen.
Primäre Endpunkte waren die prozentuale Änderung der
LDL-C-Konzentration nach 510 Tagen (17 Monaten) und die zeitlich adjustierten
LDL-Änderungen nach 90 Tagen und nach 540 Tagen (18 Monaten). Ein sekundärer
Endpunkt war unter anderen die mittlere absolute LDL-C-Veränderung nach 510
Tagen (17 Monaten). Inclisiran war nach der ersten Injektion zunächst nach drei
Monaten und danach alle sechs Monate appliziert worden.
Ergebnisse von weiteren Phase-III-Studien (ORION-9 und ORION
10) werden nach Angaben des Herstellers noch in diesem Jahr erwartet. Nach
Ablauf der drei Phase-III-Studien werden die Patienten in eine offene
Langzeitstudie (ORION-8) mit dreijähriger Laufzeit aufgenommen. Sie soll
Aufschluss über die langfristige Wirksamkeit und Sicherheit von Inclisiran
geben.